> Friedhofskultur
Der alte jüdische Friedhof - ZF/Tor 1
feuerlibelle, Freitag, 9. Januar 2015, 21:25
Interessierte, die über die Geschichte des Zentralfriedhofs –als Heimat vieler Religionen– mehr erfahren wollen, haben die Möglichkeit im Rahmen der Wiener Spaziergänge an organisierten Führungen zu den Ruhestätten verschiedener Konfessionen teilzunehmen.
Ich kann dazu nur sagen: Beeindruckend und sehenswert! Vor allem aber die Erzählungen zu den Begräbnisriten sollte man mal vorort gehört haben.





Im Oktober 1877 erhielt die Israelitische Kultusgemeinde das Grundstück beim Tor 1 von der Gemeinde Wien gegen einen Ablösebetrag in der Höhe von 36.929 Kronen und 25 Kreuzer. Im März 1879 erfolgten die ersten Beisetzungen nach mosaischen Riten. Der alte jüdische Friedhof umfasst eine Fläche von rund 260.000 quadratmetern. 

Bis 1916 wurden hier an die 80.000 Verstorbene beerdigt. Die Zahl seiner Toten auf diesem Teil des Friedhofes wird mit rund 100.000 in 60.000 Gräbern angegeben.



Im Zweiten Weltkrieg wurde auch dieser Friedhofsteil von vielen Bomben getroffen. Jene Grabsteinteile, die nicht mehr einer bestimmten Grabstätte zuzuordnen waren, hat man 1991 zusammengetragen, sie liegen als Zeichen der Erinnerung an mehreren Stellen des Friedhofes.



Zwischen der Gruppe 8 und 19 trifft man auf etliche Grabsteine, die noch die Spuren von Granatsplittern und Zerstörung aufweisen. Angeblich sollen hier auf dem Friedhof auch Kämpfe stattgefunden haben.







Im jüdischen Glauben ist Bet Kevarot, der Ort der Gräber oder der gute Ort, neben der Synagoge die wichtigste Institution der jüdischen Gemeinde.



Die Gräber gehören, laut jüdischem Glauben, den schlafenden Dahingegangenen, deren Ruhe nicht gestört werden darf. Jüdische Friedhöfe dürfen daher nicht verlegt, bebaut oder anderweitig genützt werden. Es bleibt ein Ort der ewigen Stille und Ruhe.




Quellen:
Der Wiener Zentralfriedhof, Broschürenreihe Friedhöfe Wien; Wiener Friedhofsführer, Falter Verlag; Wiener Spaziergänge; Photos: Privatarchiv 2012-2014.

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feuerlibelle, Samstag, 10. Januar 2015, 18:45
ZF/Tor 1














Liebe F,
was für eine wunderbare Idee! Besonders, mit dem jüdischen Friedhof anzufangen. Bet (oder Beth) heißt eigentlich Haus und steht für den 2. Buchstaben in unserem AlphaBet, dem B und wurde wie ein an der nach unten gekehrten Seiten seitlich ein wenig offenes Quadrat geschrieben - der Grundriß der ersten Häuser im Orient mit einer Türe. Bet lädt also ein, es zu betreten, sich darin wohlzuführen. Wenn ich den jüdischen Friedhofsteil in Innsbruck besuche, habe ich immer einen kleinen Beutel mit verschiedenen Steinen mit, die ich auf etlichen Gräbern - besonders denen, die nicht mehr besucht aussehen, hinterlasse. Dann wissen diese Toten, daß jemand an sie denkt.

Liebe Iris, insgeheim habe ich sehr gehofft, dass Du bald den Weg hierher findest und uns an Deinem Wissen über Riten und Erfahrungen teilhaben lässt. Danke Dir!

...dann wissen diese Toten, dass jemand an sie denkt....



ja, jedesmal wenn ich am Grab von Bruno Kreisky stehen bleibe und einen weißen stein zu den anderen hinlege, stelle ich fest, dass noch immer viele an ihn denken.
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