Erinnerungsort der Anatomie - ZF/Tor 3
feuerlibelle, Donnerstag, 22. Januar 2015, 01:21
Seit der Errichtung eines Erinnerungsortes, einer neuen Gedenkstätte im Jahr 2009, hält die Wiener Anatomie einmal im Jahr zu Ehren der Frauen und Männer, die nach dem Tod ihren Körper für medizinische und wissenschaftliche Forschungszwecke zur Verfügung gestellt haben, eine Gedenkfeier in der Karl-Borromäus-Kirche, ab. An der Gedenkfeier nehmen Mitglieder des Anatomischen Institutes, Medizinstudenten, Hochschulprofessoren, Angehörige und Freunde der Verstorbenen sowie Interessierte aus der Bevölkerung teil.
Früherer Gedenkplatz
Bau eines offiziellen Erinnerungsortes, 2007
2014
Noch bis zu Jahrtausendwende wurden Körperspender als seltsame Menschen und Abtrünnige abgestempelt. Für die Hinterbliebenen brach eine schwierige Zeit an – es gab kein eigenes Begräbnis und sie wurden mit ihrem Trauerschmerz mutterseelenallein gelassen. Die katholische Kirche hat sich auch in dieser Angelegenheit ziemlich daneben benommen. Doch inzwischen hat sich zum Glück sowohl ein religiöser als auch gesellschaftlicher Meinungswandel vollzogen.
Rund 24.000 Menschen haben seit den 70-er Jahren ihren Körper der Wiener Anatomie vermacht. Der langjährige Jahresdurchschnitt liegt um die 500 Spender. In der Regel werden die Körper für maximal ein Jahr aufbewahrt, bevor sie von der Studentengruppe von März bis Januar komplett seziert werden. Für die Toten macht es keinen Unterschied, ob ihre Hülle (Körper) von Würmern angeknabbert, oder von Medizinstudenten zusammen geschnipselt wird. Da die formalingetränkten Körperteile sich kaum zersetzen und über hundert Jahre und mehr der Verwesung widerstehen, werden sie verbrannt und in speziellen Ascheschächten, versehen mit jeweiliger Jahreszahl, beigesetzt.
Für die Hinterbliebenen ist der Umgang mit dem Tod, dem stillen Verschwinden der Leiche und dem nicht vollzogenen Abschiedsritual sehr schmerzhaft. Ich habe es an Beispiel meiner Freundin HANI selbst erlebt und das psychische Leiden ihrer Schwester Tanja war in vielen Situationen, insbesondere während der langen, dreijährigen Wartezeit bis zur Einäscherung, nicht zu übersehen.
Die Gründe für eine Körperspende sind vielfältig – von Idealismus über ersparte Begräbniskosten bis zu dem Gefühl, dass man medizinisch seltene Krankheiten hat. Wer seinen Körper spenden möchte, muss zu Lebzeiten eine Willenserklärung/Verfügung abgeben. Im Todesfall übernimmt das Anatomische Institut alle Schritte von der Überführung bis zur Beisetzung. Die Verfügung kann vom Spender jederzeit und ohne Angabe von Gründen zurückgezogen werden. Ein Recht, das die Angehörigen nicht haben. Auch die Rückgabe der Asche an sie ist nicht möglich.
Die Spender müssen zusätzlich € 450 bezahlen. Als Begründung werden hohe Transportkosten genannt. Früher kamen Leichen aus ganz Österreich nach Wien, nun hat man sich auf den Wiener Großraum spezialisiert.
Quellen: Meduniwien, Zentrum für Anatomie und Zellbiologie. Photos: Privatarchiv
Früherer Gedenkplatz
Bau eines offiziellen Erinnerungsortes, 2007
2014
Noch bis zu Jahrtausendwende wurden Körperspender als seltsame Menschen und Abtrünnige abgestempelt. Für die Hinterbliebenen brach eine schwierige Zeit an – es gab kein eigenes Begräbnis und sie wurden mit ihrem Trauerschmerz mutterseelenallein gelassen. Die katholische Kirche hat sich auch in dieser Angelegenheit ziemlich daneben benommen. Doch inzwischen hat sich zum Glück sowohl ein religiöser als auch gesellschaftlicher Meinungswandel vollzogen.
Rund 24.000 Menschen haben seit den 70-er Jahren ihren Körper der Wiener Anatomie vermacht. Der langjährige Jahresdurchschnitt liegt um die 500 Spender. In der Regel werden die Körper für maximal ein Jahr aufbewahrt, bevor sie von der Studentengruppe von März bis Januar komplett seziert werden. Für die Toten macht es keinen Unterschied, ob ihre Hülle (Körper) von Würmern angeknabbert, oder von Medizinstudenten zusammen geschnipselt wird. Da die formalingetränkten Körperteile sich kaum zersetzen und über hundert Jahre und mehr der Verwesung widerstehen, werden sie verbrannt und in speziellen Ascheschächten, versehen mit jeweiliger Jahreszahl, beigesetzt.
Für die Hinterbliebenen ist der Umgang mit dem Tod, dem stillen Verschwinden der Leiche und dem nicht vollzogenen Abschiedsritual sehr schmerzhaft. Ich habe es an Beispiel meiner Freundin HANI selbst erlebt und das psychische Leiden ihrer Schwester Tanja war in vielen Situationen, insbesondere während der langen, dreijährigen Wartezeit bis zur Einäscherung, nicht zu übersehen.
Die Gründe für eine Körperspende sind vielfältig – von Idealismus über ersparte Begräbniskosten bis zu dem Gefühl, dass man medizinisch seltene Krankheiten hat. Wer seinen Körper spenden möchte, muss zu Lebzeiten eine Willenserklärung/Verfügung abgeben. Im Todesfall übernimmt das Anatomische Institut alle Schritte von der Überführung bis zur Beisetzung. Die Verfügung kann vom Spender jederzeit und ohne Angabe von Gründen zurückgezogen werden. Ein Recht, das die Angehörigen nicht haben. Auch die Rückgabe der Asche an sie ist nicht möglich.
Die Spender müssen zusätzlich € 450 bezahlen. Als Begründung werden hohe Transportkosten genannt. Früher kamen Leichen aus ganz Österreich nach Wien, nun hat man sich auf den Wiener Großraum spezialisiert.
Quellen: Meduniwien, Zentrum für Anatomie und Zellbiologie. Photos: Privatarchiv
wuhei,
Donnerstag, 22. Januar 2015, 09:59
Guten Morgen liebe F,
grundsätzlich bin ich dafür, aber da ich ein paar Jahre in der Anatomie/Pathologie in Innsbruck gearbeitet habe, musste ich miterleben, wie eigenartig Studenten und auch Lehrende sich oft über die Toten geäussert hatten. Vermutlich waren es oft nur Übersprungshandlungen, aber sicher auch Ausdruck der Achtungslosigkeit oder einfach nur saudumm. Und da ich nicht weiß, ob es mir gelingt, denen als Geist Anstand beizubringen, möcht' ich so was nicht erleben - oder wie sagt man dazu nach dem Tode?
Liebe Grüße, Iris
grundsätzlich bin ich dafür, aber da ich ein paar Jahre in der Anatomie/Pathologie in Innsbruck gearbeitet habe, musste ich miterleben, wie eigenartig Studenten und auch Lehrende sich oft über die Toten geäussert hatten. Vermutlich waren es oft nur Übersprungshandlungen, aber sicher auch Ausdruck der Achtungslosigkeit oder einfach nur saudumm. Und da ich nicht weiß, ob es mir gelingt, denen als Geist Anstand beizubringen, möcht' ich so was nicht erleben - oder wie sagt man dazu nach dem Tode?
Liebe Grüße, Iris
feuerlibelle,
Donnerstag, 22. Januar 2015, 13:32
Ich sehe das nicht so eng - Forschungsarbeiten an leblosen Körpern erfordern insbesondere in der Anfangsphase große Überwindung und ein komplettes Umdenken. Zum Selbstschutz braucht jeder, der vor dem Seziertisch steht, eine Pufferzone der Leichtigkeit. Das hat aber mit Achtungslosigkeit oder Anstand nichts zu tun. Denn die Seele des Verstorbenen ist schon längst auf Wanderung oder über alle Berge bei ihren Liebsten aus dem Erdenleben ....